Institut für Palästinakunde
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'DIE LINKE' - Chronik eines angekündigten Putsches - "Werter Bodo, … Ist Dir eigentlich klar, was Du mir unterstellst und wo Du mich hinstellt?" (Hermann Dierkes, 'DIE LINKE') [22.05.2011]

Israel: Der Garten Eden des Imperialismus, die Manifestation der Aufklärung Ein indirekter Link auf ein antisemitisches Pamphlet auf den Seiten des Duisburger Kreisverbands der LINKEN wird von der Apartheidslobby zu einem linken 'Antisemitismusproblem aufgeblasen.
Die Parteirechte wirft sich darob vor dem letzten Apartheidstaat des 21. Jahrhunderts auf die Knie und lässt sich von der Lobby mit der Antisemitismuskeule ausrüsten, um damit auf die verhasste Parteilinke einzudreschen. Denn was, wenn nicht der Antikapitalismus, der Antimilitarismus und der Antiimperialismus der Linken stehen der Hegemonie der Rechten im Weg, die sich nichts sehnlicher wünscht, wie eine Beteiligung an der Macht?
Obwohl er die Antwort kennen müsste, fragt Hermann Dierkes vom antiimperialitischen Flügel der Partei - "Werter Bodo, … Ist Dir eigentlich klar, was Du mir unterstellst und wo Du mich hinstellt?".

Und: "Kurz und bündig: Ich fordere Dich zu einer Podiumsdiskussion über die Verhältnisse in Israel/Palästina und die deutsche Verantwortung auf. Wir sollten endlich nicht nur übereinander reden, sondern endlich miteinander."


Offener Brief

Werter Bodo,

in der FR vom heutigen Tage wirst Du in einem äußerst tendenziösen Artikel über unsere Partei und einzelne ihrer Mitglieder mit Äußerungen zitiert, die mich erneut verwundern. Mir selbst wirfst Du laut FR „krudes Zeug“ vor und ich hätte „keine Ahnung“. Wovon genau, wird leider nicht weiter ausgeführt. Ich muss es aus den Folgesätzen erraten, mit denen Du zitiert wirst. Die FR: „Am Wochenende hatte Dierkes u.a. einen „unlösbaren Widerspruch“ in Israels „Staatsdoktrin“ ausgemacht: jüdisch und demokratisch – das sei unvereinbar.“ Dazu sollst Du folgende Aussage gemacht haben: „Solche Einlassungen leg(t)en nahe, „dass Dierkes sich das Verschwinden der jüdischen Bevölkerung im Nahen Osten eher wünscht oder es billigend in Kauf nimmt“ stellt Ramelow fest. Ende des Zitats. Hast Du wirklich gegenüber der FR eine solche ungeheuerliche Aussage gemacht und wann? Sollte das nicht der Fall sein, hast Du Dich davon distanziert oder wirst Du das tun?

Dass nach dem FR-Zitat aus meinem Interview für die Online-Zeitung Die Freiheitsliebe von letzter Woche mein nicht zitierter Satz folgt: „(Die israelische Staatsdoktrin) verurteilt alle Nichtjuden in diesem Staat zu Bürgern zweiter Klasse, es schafft und vertieft Apartheid-ähnliche Verhältnisse“, scheint Dich genauso wenig zu interessieren, wie die angeblichen Wissenschaftler, die der FR-Artikel anführt. Sie sind aus dem Spektrum der Antideutschen, der Broder und „Honestly Concerned“, einer war Vorsitzender der innerparteilichen Sekte BAK Shalom und sie ergehen sich in dem FR-Artikel in Andeutungen, Unterstellungen und Verleumdungen auf Basis eines angeblichen Gutachtens, dass noch nicht veröffentlicht sei, um unserer Partei zu schaden. Mein Folgesatz zu den Apartheid-ähnlichen Verhältnissen in Israel und den besetzten Gebieten und der gesamte Argumentationsstrang des Interviews, auf das sich der FR-Artikel bezieht, lassen keine rassistische/antisemitische Auslegung zu, im Gegenteil! Das Interview ist von A – Z antirassistisch und humanistisch.

Werter Bodo, immer davon ausgehend, dass Du richtig zitiert wirst, frage ich Dich: Ist Dir eigentlich klar, was Du mir unterstellst und wo Du mich hinstellt? Warum bist Du nicht so konsequent, schleunigst ein Parteiordnungsverfahren gegen mich anzustrengen wegen völliger Unvereinbarkeit meiner Ansichten und Aktivitäten mit den programmatischen Grundlagen der Linkspartei?

Solltest Du Dich zu dem Schritt entschließen, solltest Du Dir allerdings im Klaren darüber sein, dass mich sehr viele Parteimitglieder, langjährige Gewerkschafter, politische Freunde, darunter zahlreiche jüdische und palästinensische Friedensaktivisten verteidigen würden, die meine politische Haltung kennen und meinen jahrzehntelangen Einsatz für soziale Gerechtigkeit und universale Menschenrechte zu schätzen wissen.

Deine Behauptung – ich „wünschte mir das Verschwinden der jüdischen Bevölkerung im Nahen Osten“ – ich sage es noch einmal, ist derart ungeheuerlich und verleumderisch, dass es einem fast die Sprache verschlägt. Warum machst Du das?

Fällt Dir nicht auf, dass diese ganzen, seit längerer Zeit schon anhaltenden Kampagnen gegen den angeblichen Antisemitismus in der LINKEN nicht mit schlüssigen Beweisen und Argumenten geführt wird, sondern in aller Regel nur mit Sophismen, Verdrehungen, zusammen geklaubten und aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten und Unterstellungen? Fällt Dir nicht auf, dass regelmäßig nur mit Etikettierungen und Behauptungen („antisemitisch“) die Glaubwürdigkeit der Teile der Partei und einzelner untergraben werden soll, anstatt sich inhaltlich mit ihnen auseinanderzusetzen?

Ich habe nach intensiver Vorarbeit zusammen mit der Berliner Journalistin Sophia Deeg nach der erstmaligen bundesweiten Kampagne dieser Art gegen mich nach dem Gaza-Massaker Anfang 2009 ein über 200 Seiten starkes Buch herausgegeben (Bedingungslos für Israel? Neuer ISP-Verlag). Darin finden sich außer eigenen Beiträgen rd. 20 von israelischen und palästinensischen Linken, sowie namhaften Autorinnen und Autoren zum sog. Nahostkonflikt. Das Buch ist in zweiter Auflage erschienen. Die Beiträge decken ein breites Spektrum von historischen und aktuellen politischen Fragen in Sachen Nahost ab. Bis heute gibt es unseres Wissens keine einzige ernsthafte Buchbesprechung, die uns und die Gastbeiträge inhaltlich auseinandernähme. Auch von Dir, der Du – im Gegensatz zu mir – lt. FR-Zitat offenbar über genug „Ahnung“ zum Nahostkonflikt, über Menschen- und Völkerrecht und zur deutschen Verantwortung verfügst, um Dich häufiger mit abwertenden Bemerkungen gegenüber denjenigen hervor zu tun, die ihre internationalistischen Pflichten ernst nehmen oder einfach nur das Bedürfnis haben, Apartheidstrukturen in Israel und die Besatzung zu bekämpfen, habe ich bisher nichts Inhaltliches gehört. Im Gegenteil, Du beschäftigst sogar Leute und/oder förderst sie, die bösartige Verleumdungen in die Welt setzen in ihrem unermüdlichen Kampf gegen den angeblichen Antisemitismus in unserer Partei.

Misst Du auch – wie dieser sonderbare BAK Shalom - ständig mit zweierlei Maß, wenn es um die israelischen Kriegsverbrechen und schweren Menschen- und Völkerrechtsverletzungen geht, wie sie die UN vielmals, der internationale Gerichtshof oder der Goldstone-Report festgestellt haben? Bist Du auch der Meinung, dass unsere Partei gegenüber jedem Hilferuf und jeder Kritik aus Israel/Palästina beharrlich die Ohren verschließen sollte? Zählst Du auch zu denen in unserer Partei, die die über 100 israelischen Linken und Friedensaktivisten meinten, als sie sich letztes Jahr mit einem offenen Brief an uns wandten und ihr tiefes Befremden zu der unzureichenden bis falschen Haltung zu Ausdruck brachten, die oft das Bild unserer Partei in Sachen Nahost ausmacht? Möchtest Du auch einer offenen und ernsthaften Debatte über die Nahostfrage ausweichen und andere Meinungen dazu am liebsten los werden? Wendest Du Dich gegen Parteimitglieder und Parteigliederungen, die nicht mit zweierlei Maß messen, die die Palästinenser in Israel und in den besetzten Gebieten in ihrem Kampf um gleiche Rechte, für ein Ende von Besatzung, Landraub und Mauerbau unterstützen und ihr Recht auf nationale Selbstbestimmung achten? Hältst Du die anhaltende Komplizenschaft der Bundesregierung mit der rechtesten Regierung, die Israel je hatte, für richtig?

Ist der Einsatz für diese Positionen auch nach Deiner Meinung „antisemitisch“? Nein – es ist doch offenkundig: Wir sind mit böswilligen Kampagnen konfrontiert, nach der jegliche berechtigte Kritik an der israelischen Regierungspolitik, deren Basis Menschen- und Völkerrecht ist, „antisemitisch“ ist. Ich bin versucht zu sagen, wenn es so ist, dann bin ich „Antisemit“. Dem müssen wir uns doch solidarisch entgegenstellen und uns nicht noch denunzieren!

Kurz und bündig: Ich fordere Dich zu einer Podiumsdiskussion über die Verhältnisse in Israel/Palästina und die deutsche Verantwortung auf. Wir sollten endlich nicht nur übereinander reden, sondern endlich miteinander. Organisatorische Einzelheiten dazu können wir gerne kurzfristig absprechen. Viele meiner israelischen und palästinensischen Freunde warten auf die politische Klärung in der LINKEN. Auch sie stünden für die offene Debatte bereit.

Da ich nicht sicher bin, ob Du mein Interview mit der Freiheitsliebe überhaupt gelesen hast, füge ich es bei.

Viele Grüsse

gez. Hermann Dierkes

 (ts)

Ergänzende Links:
Werter Bodo, … Ist Dir eigentlich klar, was Du mir unterstellst und wo Du mich hinstellt? (Hermann Dierkes, 'DIE LINKE')

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