Institut für Palästinakunde
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Kai Wiedenhöfer: "Wall" & Faten Nastas Mitwasi: "Sliman Mansour"


von Christiane Nagel

Warum eine Bildband- und Buchbesprechung zweier, auf den ersten Blick so unterschiedlicher, Werke? Was hat ein Buch zur Vorstellung vom Leben und Werk Sliman Mansours mit einem reinen Bildband zur Mauer in den besetzen Gebieten gemein? Diese Buchbesprechung hat den Wunsch, zwei Werke vorzustellen, die auch als Beitrag gegen das Vergessen eines Volkes gesehen werden können, einzeln betrachtet jedoch sehr verschieden sind. Zunächst ist da der Bildband von Kai Wiedenhöfer. Eine Sammlung aus 51 Fotos (20,5 x 30,5 cm) aus den besetzen Gebieten mit der Mauer als zentralem Motiv und einer kurzen Erläuterung zum jeweils Abgebildeten. Das zweite Buch ist kein eigentlicher Bildband, sondern eine Biographie mit Bildkatalog mit 85 Abbildungen zu Sliman Mansour von Faten Nastas Mitwasi auf 112 Seiten.

 

Kai Wiedenhöfer - Wall (Steidl, 2007)

Für einen Betrachter mit wenig bis keiner Palästinaerfahrung fallen die künstlerischen Aspekte wahrscheinlich als erstes ins Auge. Beispielsweise das ungewöhnliche Format der Panorama-artig wirkenden Doppelseiten, des Wechsel zwischen schwarz-weiß und bunten Bildern, oder Hoch/Querformat, sowie hell-dunkel Kontrasten. Manche Fotos der Konstruktionen und des militärischen Sperrgebietes könnten an die Berliner Mauer erinnern. Aber nicht nur die Ausmaße der Mauer, sondern auch ihr Verlauf lassen auf eine andere Dimension schließen.
Für Kenner der Region und Palästinainteressierte sprechen die Bilder eine deutliche Sprache, denn die Auswahl der Motive und ihr Zuschnitt verbinden sich zu einem expressiven Ganzen. Das Zentralmotiv der Mauer erzeugt je nach Motiv unterschiedlichste Botschaften und Assoziationen beim Betrachter. Im eigentlichen Fokus des Werkes steht der Alltag: ”das Leben und Leiden der Palästinenser in all seinen Facetten durch schier unüberwindliche Barrieren, unendliche Grenzen und unaufhaltsame Einzäunungen”.
Die Absolutheit und Sinnlosigkeit der Zerstörung von Natur und Mensch wird, sowohl durch die Motivwahl selbst, als auch durch indirekte Bildsprache deutlich. Ein Beispiel ist die Abbildung einer zerklüfteten Landschaft, die in ihrer ursprünglichen Schönheit zu dem kalten Beton der Mauer einen unüberbrückbaren Gegensatz bildet.
Auf interessante Art und Weise greift der Künstler, scheinbar gegensätzlich, den positiven Umgang der Palästinenser mit den Härten ihres Lebens auf. Wie die Abbildung der Mauer als Fläche für Kunstwerke, also das bewusste Suchen eines künstlerischen Zugangs, die Mauer sozusagen als Medium des Ausdrucks zu machen.

Die Kunst als Ausdruck der gesellschaftliche Situation und des persönlichen Lebens steht auch im Zentrum des Buches über Silman Mansour als einen Künstler aus und für Palästina.

 

Biographie mit Bildkatalog zu Sliman Mansour, von Faten Nastas Mitwasi

Dieses Werk ist konzipiert als chronologische Vorstellung von Mansours Leben und Werk. Es hat daher, anders als der Bildband von Kai Wiedenhöfer, wesentlich mehr Text auch als Erklärung zu den Bildern. Es betont die fördernde Rolle Mansours für die Pflege und Bekanntheit der Kunst seines Volkes. Das Buch setzt seinen Schwerpunkt jedoch vor allem auf die Darstellung der gesellschaftlichen Symbolfunktion Mansours ausgedrückt durch seine Biographie einerseits und sein Werk andererseits. Beispielsweise ändert Mansour seine Studienpläne für die USA zwangsweise durch den Sechstagekrieg ab (vgl. 12). Mansours Engagement wird in der Anteilnahme an Schicksal seines Volkes dargestellt, indem Friedensaktionen innerhalb und außerhalb der Kunstszene angesprochen werden. Faten Nastas bezieht eindeutig Position indem er, neben Mansours Aktivitäten, die harsche Gegenwehr der Besatzer (Durchsuchungen von Galerien, Stürmung von Veranstaltungen und Inhaftierungen Mansours) schildert (vgl. 15-17). Mansour arbeitet nicht nur mit verschiedensten Personen und Organisation, wie jüdischen Künstlern und Aktivisten, zusammen, sondern betont auch in seinem Schaffen einen Pluralismus und stetige Neuerfindung. Laut Faten Nastas probiert Mansour eine Vielzahl von Techniken und Stilen aus, indem er ”bestimmte Symbole wieder aufnimmt, um seine Ideen und Gedanken in neuen Formen auszudrücken” (S. 21) So wird Mansour in Faten Nastas Buch als Ausnahmepersönlichkeit und gleichzeitig typisch palästinensisch dargestellt.

 

Um zu unserer Ausgangsfrage über das verbindende Element der zwei Bücher zurück zu kehren, lässt sich sagen, dass beide Symbole für das Schicksal Palästinas assoziierend darstellen.
Die Mauer als prägendes Kernelement des Alltags vieler Palästinenser, dass sowohl Ursprung als auch Plattform des Widerstandes ist.
Silman Mansour als typische Person geprägt von der Geschichte seines Landes, sowohl als positives Symbol für den Ausdruck palästinensischer Kultur und Lebensweise, als auch als Aktivist im Widerstand gegen die Besatzung.

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